Wir halten Sie informiert – nicht nur zu steuerlichen Themen.




Von legaler Steueroptimierung zu strafbarer Hinterziehung ist es ein kleiner Schritt. Schon Minifehler in der Steuererklärung rufen den Fiskus auf den Plan. Eine Selbstanzeige hilft dann nur, wenn die Details akribisch beachtet werden.


Uli Hoeneß steht immer noch am Pranger. Neun Monate nach seiner Selbstanzeige sorgt die Steueraffäre des Bratwurstproduzenten, der den deutschen Fiskus um Millionen geprellt haben soll, weiter für Schlagzeilen. In den Medien werden öffentliche Verdienste und private Vergehen aufaddiert. Einige Politiker fordern einen anständigen Umgang mit ihm, andere sehen seinen Fall als Beleg dafür, dass die Gesetze verschärft werden müssen. Dabei erschwert die Hysterie um den prominenten Firmenchef und Sportfunktionär den Blick auf ganz praktische Probleme des Steuerrechts, die steuerlichen Grauzonen sowie das Risiko gerade für Unternehmer, durch Fehler in ihren Steuerunterlagen zum Steuersünder zu werden.

SCHLUDRIGKEIT WIRD BESTRAFT

„Das Recht ist brutal“, urteilt Professor Wolfgang Joecks, der an der Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald Wirtschafts- und Steuerstrafrecht lehrt. „Wer schludert, macht sich schnell der Steuerhinterziehung schuldig.“ Er kennt Fälle, in denen die um einen Tag verspätete Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung ein Strafverfahren ins Rollen brachte. „Viele Unternehmen melden die Umsatzsteuer etwas verspätet an, weil das die Liquidität schont“, weiß der Steuerstrafrechtler.

Früher war das für die Finanzämter kein Problem. Heute wertet es der Gesetzgeber als Steuerhinterziehung. Ein Bau- unternehmer berichtet von einem weiteren Fallstrick: „Uns ist am Jahresende aufgefallen, dass wir nicht alle Umsätze vollständig in den monatlichen Voranmeldungen erfasst hatten. In der Jahreserklärung stimmte alles.“ Für ihn war der Fall damit erledigt, aber nicht für das Finanzamt. Der Verdacht: Er habe Umsatzsteuerzahlungen verschoben, um sich so einen billigen Kredit vom Fiskus zu besorgen. Der Mittelständler hatte Glück. Weil seine Buchhaltung sauber gearbeitet hatte, stellten die Betriebsprüfer keine weiteren Unregelmäßigkeiten fest. Der Betrieb zahlte die Umsatzsteuer plus 0,5 Prozent Zinsen pro Monat für die Verspätung nach. „Früher war das ein unproblematischer Fall der Selbstanzeige“, sagt Steuerstrafrechtler Uwe Hellmann.

Unternehmer korrigierten die Zahlen und überwiesen die Steuern plus Zinsen ans Finanzamt. Dafür blieben sie straffrei. „Heute müssen die Finanzbeamten auch die Steuererklärungen aller nicht verjährten Zeiträume prüfen“, betont der Rechtsprofessor, der an der Universität Potsdam lehrt. Damit steigt das Risiko, dass weitere Unregelmäßigkeiten ans Licht kommen und so die Selbstanzeige unwirksam wird (siehe Kasten auf Seite 8). Bislang haben die meisten Unternehmen zwar Glück: Die überlasteten Finanzämter machen in der Regel nur eine Meldung an die Bußgeld- und Strafstellen, wenn weitere Anhaltspunkte auf Steuerhinterziehung hindeuten. „Diese Verwaltungspraxis steht aber nicht im Gesetz, und problematisch ist dabei, dass der Bundesgerichtshof hier strenger geurteilt hat“, warnt Horst Vinken, Präsident der Bundessteuerberaterkammer in Berlin.

ES GIBT KEIN KAVALIERSDELIKT

Der Grat zwischen legaler Steueroptimierung, leichtfertiger Steuerverkürzung und strafbarer Steuerhinterziehung ist schmal: Wurde vorsätzlich gehandelt, oder haben Unkenntnis und Fahrlässigkeit zu fehlerhaften Angaben geführt? „Eine unrichtige Erklärung ist noch keine Steuerhinterziehung, sondern ein Bußgeldtatbestand“, so Professor Hellmann. Wer gutgläubig handelte und Fehler nachträglich feststellt, kann – am besten mithilfe des Steuerberaters – eine Berichtigung vornehmen und die Steuern plus sechs Prozent Zinsen pro Jahr nachzahlen. Bei größeren Summen verhängt der Fiskus ein Bußgeld, in Abhängigkeit vom Einkommen des Steuerpflichtigen und des verkürzten Steuerbetrags. Es kann bis zu 50.000 Euro betragen.

Strafrechtlich belangt wird allerdings, wer bewusst falsche Angaben gemacht, Belege gefälscht oder steuerpflichtige Umsätze nicht bucht. Schon kleine Tricks zu ihren Gunsten machen Unternehmer zu Steuersündern. Möglichkeiten dafür gibt es genug. Kaum einer findet etwas dabei, ein paar Kilometer mehr ins Fahrtenbuch zu schreiben und die Geschäftsreise um einen privaten Abstecher zu verlängern. Oder einen Kneipenabend mit Freunden als Arbeitsessen abzurechnen. Oder die Computer der Kinder als Betriebsausgaben zu verbuchen.

Oder Verwandte auf der Gehaltsliste zu führen, obwohl die sich in der Firma nur selten blicken lassen. Lang ist die Liste der Steuerdelikte, die viele als Bagatelle sehen. Für den Fiskus sind solche Methoden zur Steuerhinterziehung im kleinen Rahmen aber kein Kavaliersdelikt, selbst minimale Vergehen werden verfolgt. Bei einem Anfangsverdacht werden die Betriebsprüfer losgeschickt. Der Tipp, sich die Geschäftsbücher genauer anzusehen, kommt oft von entlassenen Mitarbeitern, verärgerten Geschäftsfreunden oder betrogenen Ehepartnern.

DIE STRAFEN SIND DRAKONISCH

Dann bleibt nur straffrei, wer rechtzeitig eine Selbstanzeige stellt, indem er falsche Angaben korrigiert. Ohne fachkundige Hilfe eines Steuerberaters kann die Selbstanzeige aber mehr schaden als nützen: Der Bundesgerichtshof hat es Steuersündern schwerer gemacht, sich Straffreiheit mit einer Steuernachzahlung plus Zinsen zu erkaufen. Viele Unternehmer kennen noch die Zeit, als man wartete, bis der Betriebsprüfer vor der Tür stand, und dann nicht deklarierte Umsätze meldete. Heute droht gleich ein Strafverfahren. Um straffrei auszugehen, müssten Steuerhinterzieher „reinen Tisch“ machen, so die Bundesrichter. Wer Angaben nur teilweise korrigiert und weitere Steuersünden verschweigt, muss mit einer Verurteilung rechnen, wenn die Betriebsprüfer etwas merken.

Zwar werden Firmenchefs für kleine Vergehen, die über fünf Jahre zurückliegen, nicht strafrechtlich belangt. Sie müssen aber Steuern plus Hinterziehungszinsen für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren nachzahlen. So werden selbst aus kleinen Steuersünden hohe Beträge. Ein Fall aus der Praxis: Der Unternehmer ließ die Privatautos von Frau und Tochter über die Firma laufen und betrog den Fiskus so um 5.000 Euro jährlich. Die Sache flog auf. Das Finanzamt forderte die hinterzogenen Steuern der letzten zehn Jahre zurück. Auf einen Schlag musste der Firmenchef 50.000 Euro plus Zinsen sowie eine saftige Strafe von 11.000 Euro zahlen.

Wer finanziell schlecht dasteht, hat bei solchen Beträgen schnell ein Problem. Und wer gut verdient, muss mit noch heftigeren Summen rechnen: Das Strafmaß orientiert sich am Nettoeinkommen und der Höhe der Steuerschuld. „Richtig teuer wird es für Steuersünder, die den Fiskus um über 50.000 Euro geprellt haben“, weiß Horst Vinken. Sie erreichen nur durch einen Zuschlag in Höhe von fünf Prozent der hinterzogenen Steuer die Einstellung des Verfahrens. Wer über 100.000 Euro Steuern hinterzogen hat, muss mit Haft rechnen, die strafrechtliche Verjährung dehnt sich auf zehn Jahre aus. Ganz düster wird es, wenn über eine Million Euro am Fiskus vorbeigeschleust wurden. Dann soll die Haft nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden, urteilten die Bundesrichter.

NUR TOTALE OFFENHEIT HILFT

Angesichts solch drakonischer Strafen ist allen Firmenchefs davon abzuraten, eine Selbstanzeige im Alleingang zu versuchen. Die Finanzbehörden verlangen von ihnen klar aufgeschlüsselte und vollständige Nacherklärungen, auf deren Basis die hinterzogenen Steuern berechnet werden können. Fehlen Belege, sollten Unternehmer mithilfe ihres Steuerberaters großzügig zugunsten des Finanzamts schätzen. „Wer zu wenig nacherklärt, riskiert, dass die Selbstanzeige unwirksam wird“, warnt Steuerstrafrechtler Joecks. Bereits eine geringfügige Abweichung um mehr als fünf Prozent sei problematisch.

Info: Strafbefreiende Selbstanzeige

Setzen Sie kein Schreiben ohne Hilfe von Steuerberater und Rechtsanwalt auf
Rechtsrahmen: Das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz hat die Voraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige deutlich verschärft. Der Bundesgerichtshof verlangt von Steuersündern zudem, alle

hinterzogenen Steuern offenzulegen. Stellen Betriebsprüfer weitere Steuerdelikte fest, ist die Selbstanzeige unwirksam und der Staatsanwalt übernimmt. Beim Aufsetzen einer Selbstanzeige sollten Unternehmer daher unbedingt ihren Steuerberater und gegebenenfalls einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen, um keine Fehler zu machen. Durch eine schriftliche Vollmacht kann der Steuerberater mit der Berichtigung der Erklärungen beauftragt werden.

Straffrei bleibt, wer

• Erklärungen einer Steuerart für alle nicht verjährten Zeiträume komplett berichtigt/nachholt;
• bei fehlenden Belegen hinterzogene Steuern großzügig zu Gunsten des Finanzamts schätzt;
• die verkürzten Steuern plus 0,5 Prozent Zinsen pro Monat und bei Beträgen über 50.000 Euro pro Tat einen Zuschlag von fünf Prozent auf die Steuerschuld in der gesetzten Frist bezahlt.
Selbstanzeigen greifen nicht nach
• Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung;
• Erscheinen eines Betriebsprüfers oder der Steuerfahndung;
• Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens;
• Entdeckung der Tat.

Text: Sigrun an der Heiden
Quelle: www.datev.de/trialog

Themen

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Ok